Es fällt schwer.
Zu essen.
Zu trinken.
Zu schlafen.
Zu atmen.
Es fällt schwer, so unendlich schwer, weiterzumachen.
Jeden Tag auf’s Neue wache ich auf und liege noch ein paar Stunden so da. Wälze mich hin und her. Kein Grund aufzustehen und schon gar keine Kraft. Woher auch die Kraft nehmen? Die Motivation ist fort. Keine Arbeit, die mich ruft, keine Katzen, die ihr Frühstück und ihre Streicheleinheiten wollen. Keine Katzen mehr. Wenn ich nach all den Jahren etwas lieben konnte, dann wart ihr es, ihr drei, mein ein und alles. Es ist schon so lang her, dass ich euch abgeben musste, dass ich keine Alternativen mehr gesehen habe. Ich heule noch immer wie ein Schlosshund deswegen. Es schmerzt. Es brennt. Ihr fehlt. Ich hoffe ihr habt es gut, wenigstens ihr!
Was bleibt also noch? Nehmt es mir nicht übel, aber Menschen sind es nicht, sie waren es nie. Naja, fast nie. Alle sagen ich müsse jetzt egoistisch sein, mal nur an mich denken, Ärzte, Psychologen, Menschen, die helfen wollen, und sie haben Recht. Doch wenn man dann entsprechend lebt, stößt man auf Unverständnis, Kopfschütteln, Wut. Ihr müsst nur eines verstehen, ich bin an dem Punkt, an dem mir all diese Wut, das Unverständnis egal ist, egal sein muss.
Ich bin derjenige, der wütend sein sollte. Wütend auf Menschen, da schließe ich mich mit ein. Ich habe mich mein Leben lang selbst sabotiert, nicht bewusst und mir ist nicht klar wieso, aber ich tat es immer wieder, machmal aktiv, manchmal passiv. Durch die Ohnmacht Dinge zu tun, die getan werden müssen, die wichtig sind. So kleine Aufgaben, wie einen Brief abzuschicken, ein Formular auszufüllen und dennoch war ich unfähig, bin es bis heute. So kleine Steine, die ins Rollen geraten, ein Stein bringt den nächsten größeren in Bewegung und so weiter und so weiter. Nun sitze ich hier, schier begraben unter einer Lawine voll Scheiße und ich schaff es nicht mehr heraus. Wütend auf Gott und die Welt, weil schlimme Dinge passieren, nicht dass es jemand planen würde, sie passieren. Einfach so. Und man kann nichts dagegen tun.
Ich habe Schmerzen. Jeden Tag, jede Stunde, jede Minute. Mal mehr, mal weniger. Ich habe Panikattacken. Angst macht sich breit beim kleinsten Anlass. Ein Geräusch, die Türklingel, wenn ich außer Haus muss. Ich überspiele es meist ganz passabel. Nicht weil ich es nicht zugeben möchte. Weil ich die Blicke nicht ertrage, das Mitgefühl, von dem die Menschen denken sie wären dazu verpflichtet. Das Mitleid, aber was soll das sein “Mitleid”? Als würde irgendjemand wissen wie sehr jemand anders leidet oder überhaupt wie jemand leidet. Es bringt niemandem etwas. Der Leidende leidet nicht weniger dadurch, eher im Gegenteil, und der Mitleidende fühlt sich nur schlecht in seiner Ohnmacht und Hilflosigkeit. Damit ist keinem geholfen.
Das selbe gilt übrigens auch für Trauer. Natürlich trauert man um geliebte Menschen, die man verloren hat, aber es gibt auch Menschen, für die man sich freuen kann, wenn sie es dann endlich hinter sich haben. Also bitte freut euch für mich, mit mir, wenn ich es endlich überstanden habe. Denn ich quäle mich auf dem Weg bis zum Ende und ich kann einfach nicht mehr.
Was lässt jemanden weitermachen, dem sonst keine Motivation mehr bleibt? Meine Motivationen sind weg. Alle. Also habe ich versucht eine neue zu finden. Ich habe es ernsthaft versucht. Gar nicht so einfach, muss ich zugeben. Aber für ein paar Momente zumindest habe ich eine Motivation gefunden und ich habe mich darauf gestürzt. Spiele, genauer Computerspiele. Sie waren Hobby, Beschäftigung und Ablenkung zugleich. Ich konnte in ihnen versinken, alles um mich herum für den Moment vergessen. Wenn man jedoch so exzessiv zockt, dann hat man bald alles gespielt, alles erreicht, was einen reizt, und man steht sehr schnell wieder an dem selben Punkt.
Wie also soll es weitergehen? Sollte es das überhaupt? Wenn jeder Tag eine Qual ist, wenn man das noch qualvollere Ende stets vor Augen hat. Ich lasse nicht gern andere über mich entscheiden. Schon gar nicht eine scheiß Krankheit. Ich habe immer versucht mein eigenes Ding zu machen, meine eigenen Entscheidungen zu treffen, und so werde ich es auch weiter handhaben. Ich lebe mein Leben und ich sterbe meinen Tod. Ich lasse weder den Krebs gewinnen, noch den Tumor.
Versucht mich zu verstehen. Versucht meinen Standpunkt nachzuvollziehen. Versucht euch mit mir darüber zu freuen, dass die Qualen endlich vorbei sind. All das Warten hat ein Ende.
Seid mir nicht böse oder wenn es euch hilft, dann seid es. Was auch immer es euch leichter macht. Ich nehme hier nun Abschied. Einige Dinge werden mir fehlen, ein paar davon sehr. Ein paar fehlen mir schon sehr lang.
Ich stelle mir gern vor, dass es vielleicht doch so etwas wie eine Wiedergeburt gibt, auch wenn sämtliche Logik dagegen spricht, ist es doch ein tröstender Gedanke. Vielleicht bekomm ich eine zweite Chance in einem neuem Leben, vielleicht hab ich ein besseres Leben, vielleicht als Katze bei einem liebevollen Dosenöffner, vielleicht wache ich auch in einem Spiel auf, eins in dem ich voll aufblühen kann. Vielleicht wird es auch einfach dunkel und still, klingt alles gut für mich. Vielleicht wache ich auch auf und all das ist nie geschehen. Es gibt nur eine Möglichkeit das rauszufinden.
Ich würde gern noch so vieles sagen, aber mein Kopf tut weh. Zu anstrengend sich auf so einen langen Text zu konzentrieren. Zu schmerzhaft über all das nachzudenken.
Tut mir einen großen Gefallen, der mir sehr, wirklich sehr wichtig ist, sollte der Fall der Fälle eintreten, dann möchte ich keine lebensverlängernden Maßnahmen, keine Operationen, nur etwas das mir beim einschlafen hilft und mich schmerzfrei gehen lässt.
Ich verzichte darauf jedem einzelnen Lebwohl zu sagen. Zu groß die Angst jemanden zu vergessen und damit zu verletzen, zu groß der Druck im Kopf um mich an jeden einzelnen Namen zu erinnern.
Das kommt für einige jetzt sicher plötzlich, andere haben es vermutlich schon geahnt, aber nehmt dies als meinen Abschied, meine letzten Grüße.
Ich kann nicht mehr.
Ciao!